Hellmut Martensen  

HELLMUT MARTENSEN

Arbeiten aus zwölf Jahren

Bildband (Hardcover, 84 Seiten)
Erschienen bei EDITION SYRINGA 2013

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25 Euro inclusive Versand.

 

Christian Fehlandt

Denn siehe, alles wird neu.

Was heißt das: vergangen - alles ist vergänglich? Vergänglichkeit meint doch: nichts ist festzuhalten, alles bleibt im Fluss und wird verwandelt: was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht! Weil Neues den Platz beansprucht und sich nicht mehr mit dem Alten belasten will. So läuft die Zeit: darin kommen und darin vergehen die Jahre. In ihr haben wir unseren Anteil Lebenszeit. Ein Same wächst auf, erblüht – die Pracht durfte einen Augenblick bestehen – die Leute, die vorübergingen, sagten: schaut, was für ein herrliches Veilchen dort - in der Blüte der Jahre; aber schon war auch sein Weilchen vorüber. Und die Zeit forderte Zoll: unweigerlich folgte das Verblühen und am Ende war verwelkt, was so hoffnungsvoll begonnen hatte. Die Leute erzählen sich noch ihre Erinnerungen. Geschichten – getaucht in verblassendes Licht. Übrig bleiben Anekdoten, kleine Bilder, Farbtupfer im diffusen Einheitsgrau all dessen, was man später Vergangenheit nennen wird.
Verwandlungen in der Kunst. Zuerst der Blick. Dann der Strich, der Stichel, die Farbe, Meißel und Hammer, eine Kamera, oder auch nur eine herausfordernde Idee. An-Sichten werden zu Gegenständen unendlicher Betrachtung, die von der Bleistiftskizze zum druckkünstlerischen Werk, vielleicht zur Collage hinübergehen – und möglicherweise auch Eingang in eine Gemäldefassung finden. Skulptur werden, Film oder sonst was. Die Vergänglichkeit zeigt sich als ins Bild gesetzter Fortschritt - das Überschreiten von immer wieder neuen Grenzen an künstlerischen Formaten. „Nur was sich ändert, bleibt sich treu“, singt Wolf Biermann. Man stelle sich vor, 1000 Stunden bringt der neugierige Künstler - und darum wohl auch Kopist - Hellmut Martensen auf, um den Mittelteil des Grünewald-Altars in ein eigenes Bild zu übertragen. 1000 Stunden eigene Arbeitszeit, das sind etwa 42 Tage, das sind 6 Wochen ununterbrochene Lebenszeit – soviel Wert ist ihm diese Arbeit. Dem Weg des verehrten alten Meisters nachzureisen, indem jeder Pinselstrich noch mal gemalt, jede Farbgebung noch mal gemischt, jede Linie, jede Ausformung nochmals nach Grünewaldschem Vor-Bild in das eigene Nach-Bild übertragen wird. Der kluge Handwerker sagt: Ich muss erst das Tun meiner Vorfahren verstanden haben, will ich es nach ihrem Anspruch, aber in meiner Weise weiterführen. Heute befindet sich die Martensensche Neuschöpfung in der Dorfkirche von Groß Laasch.
Leben ist Fluss, ein zurückgelegter langer Lauf. Die Fülle von der Quelle bis zur Mündung, zuletzt aufgenommen vom großen, weiten Meer. Also im Jahreszeitenwandel der Ablauf vom Frühlingserwachen bis zur Reife im goldbraungelben Herbst. Gold von gespeichertem Reichtum, erdenschweres Braun und sattes Gelb als Zeichen für die angestaute Fülle von Erde und Korn. Die Schönheit im Zenit des Übergangs zu Fäulnis und Vergänglichkeit. Das nennen wir dann die Zeit der Ernte. Zeit, das verbrachte Leben zu bedenken. Den Blick zurück zu nehmen dem noch immer vorpreschenden, sich aufbäumenden leichten Sinn des Frühlings, dem Jugenddrängen entgegen. Der Herbst wird zum Moment, in der die Ahnung von der ständigen Wiederkehr Platz bekommt. Und zum Bekenntnis von Anfang und Ende der eigenen Existenz zwingt. Ja, zum Eingeständnis, dass es zwar meine, aber keine wirkliche Vergänglichkeit gibt. Dass die gefallenen Blätter sich in den Humus für die Blüten des nachfolgenden Frühlings verwandeln. Glücklich, wer sich jetzt in seinem Leben heimisch fühlt, wissend um die kälter werdende Jahreszeit. Denn die Stunden werden kommen, die nach Versagen, eigener Schuld und Leere fragen. Glücklich, der diesen Abgründen sein reiches Leben entgegenhalten kann. Der dem Alleinsein in der Geborgenheit einer Gemeinschaft entgegengeht. Angekommen zuhause im wohligen Kontrast zum Gefühl der Verlassenheit.

Schwerin, Mai 2013


  Katalog zur Ausstellung in Parchim 2011
“Ring der ewigen Kräfte"

Hellmut Martensen Grafik, Zeichnung, Collage

Erschienen bei EDITION SYRINGA 2011

Preis 12,00 EURO zzgl. Versand

 

Werner Stockfisch

Vor mehr als fünf Jahren, im Frühsommer 2006, begann Hellmut Martensen den Blumen am Haus zeichnend nachzugehen. Damit drang er in unbekannte, wunderbare Welten ein. Schwertlilien, Akelei, Geranien, Hortensien, Gladiolen, Stockrosen, Kaiserlilien, Tränende Herzen, Geißblatt, Mohn, Wilder Wein - wer kann diese Geschöpfe der Natur schon genau beschreiben? Die Farbe kam bald hinzu, dann die Erprobung der Radierplatten in der Werkstatt des Druckers mit verschiedenen Papieren und Tönen. So wie die Natur unendlich ist, so auch die Kunst, vorausgesetzt, der Künstler hat ein fruchtbares Thema erwählt. Martensen kam von den Blumen zur Pflanze, vom Besonderen zum Allgemeinen, vom Abbild zum Sinnbild. Er ist sich einer Entwicklung bewusst, die sich ihm in Bildserien darstellt; ein Leitspruch wurde ihm Ernst Blochs Erkenntnis: „Auch der gewachsene Mann wird sein Leben oft runden, nie schließen.“

Drei Merkmale sind erkennbar: Der Abstraktionsprozess ist weiter vorangetrieben. Mehr als bestimmte Pflanzen gibt der Künstler das Pflanzliche schlechthin. Das kann er, weil er die Gewächse kennt und daher vom Konkreten abzusehen in der Lage ist. Zum Zweiten: Die Versinnbildlichung von Wachsen, Blühen und Verfall geht einher mit immer stärkerer Erkundung druckgrafischer Möglichkeiten. Martensen ist ein Experimentator. Jede Zeichnung, jede Radierung, jede Collage fordert ihm unablässig Entscheidungen ab, wohin die Schwünge der Linie gehen, wo Farbflächen ihren Platz finden sollen - und zugleich wächst das Risiko des Ergebnisses nach dem Druck. Der Zufall wird in Kauf genommen. Ein Abenteuer. Und schließlich: Martensen wendet sich aus dem gleichen Geist des Veränderns dem menschlichen Antlitz zu. Auch hier erprobt er das Thema in der Serie, vorerst in der Befragung seiner selbst und in memoriam der im Juni 2010 über neunzigjährig gestorbenen Mutter, mit der ihn ein inniges Verhältnis verband. Hinzu kommen freie Collagen von Köpfen, die Grundhaltungen veranschaulichen, nicht als Psychologie, sondern experimentelle formale Annäherungen. Hier liegt noch weites Feld vor dem Künstler. Das All-Eine, nämlich aufsteigende Entwicklungen gleichsam vom Keim bis zur Frucht nicht nur in den Pflanzen, sondern auch im menschlichen Leben, gipfelnd in der Liebe zweier Menschen, aufzufinden ist ein Vermächtnis der deutschen Klassik. In dem Lehrgedicht Die Metamorphose der Pflanzen von 1798 bekennt Goethe sich zur universalen Evolution.

Ein Wort daraus gab unserm Büchlein den Titel. Und in Goethes Maximen und Reflexionen lesen wir: „Da jedoch die Natur im Größten wie im Kleinsten sich immer gleich ist und eine jede trübe Scheibe so gut die schöne Bläue darstellt wie die ganze weltüberwölkende Atmosphäre, so find’ ich es geraten, auf Musterstücke aufmerksam zu sein und sie vor mir zusammenzulegen. Hier nun ist das Ungeheuere nicht verkleinert, sondern im Kleinen, und eben so unbegreiflich als im Unendlichen.“

Solche Musterstücke gibt uns der Künstler.

 


 

  "MIT OFFENEM AUSGANG"
Hellmut Martensen
Malerei, Grafik, Zeichnung


Erschienen bei
EDITION SYRINGA 2009



Preis 10,00 EURO zzgl. Versand

 

Peter Ahnefeld

Einfach anfangen

Ein Ausgang setzt einen Eingang voraus. Den sieht man. Meistens jedenfalls. Aber ganz eindeutig ist das nicht. So kann ein Ausgang auch ein Ende sein, welches nun wiederum einen Anfang impliziert. Da wird es mit dem Sehen schon schwieriger. Denn der Anfang ist Nicht. Aber ein Nicht ist da. Sonst würde man ja nicht anfangen. Das da ein Nicht ist, kann man merken oder auch fühlen, im schlechtesten Fall sehen. Aber immerhin. Dann das ist. Und so fängt man dann an und hofft, dass aus dem Nicht ein Etwas wird. Hofft. Prinzip Hoffnung. Ein gutes Prinzip. Einfach anfangen. Die Hoffnung geht stets mit dem Neuen schwanger, sie steht ganz vorn und ist von daher ungesichert. Alles ist möglich. Offen. Mit offenem Ausgang. Ausgangspunkt Zukunft. Hoffnung als und mit Merkmal von Aufbruch, Unterwegssein, Suchen, als immerwährender Beginn, selbst, wenn sie doch den Horizont nur übersteigt und erst die Erkenntnis des Realen ihn dann mittels der Praxis ein Stückchen verschiebt. Und der Mensch dabei in seinem Wesen, dessen Bestimmung von jeher die Hoffnung war, und von der her die dem Menschen innewohnende eigentümliche Spannung erwächst. Hoffnung in all ihren Facetten - von den kleinen Träumen über das antizipierende Bewusstsein bis hin zur sich auskennenden Hoffnung, der docta spes, die die Welt als etwas noch nicht Erreichtes, als noch nicht seiende Heimat begreift.

Nach Ernst Bloch darf Träumen nicht stehenbleiben, muss sich an objektiv Mögliches halten und vorwärts gerichtet sein. Latenz und Tendenz. Etwas ist und da entlang. Objektiv Mögliches. Einfach anfangen. So wächst die Hoffnung, sich fortwährend messend an ihren größtmöglichen Potentialen, über bloßes Träumen in Vorstellungen hinein, die zu einer verantwortungsvollen Gestaltung drängen. Weil die Welt noch nicht fertig ist, zeigt sie sich als Prozess und der Mensch ist das Wesen, das diesem Prozess entsprechen soll oder sollte. Falls er nicht selbst Prozess ist. Subjekt oder Objekt. Anfangen - und sei es mit offenem Ausgang. Eine Art experimentum mundi. Blochs Werk. Oft aufgenommen. Immer wieder anfangen, im Nicht, dass sich wachsend aus einem Nicht-Haben zu seinem Etwas entwickelt, an seinem Ende, vor-scheinend, den nächsten Anfang in sich tragend. Die eigentliche Genesis: Nicht am Anfang, sondern am Ende. Und so sucht das in allem Was steckende Das sein Was, ständig, ohne Unterbrechung, ruhelos. Versuch auf Versuch. Da ist etwas, das heraus drängt, etwas, das sich auf den Weg machen will, nicht Lösung seiend, sondern das nächste Problem, den nächsten Anfang in sich tragend. Einfach anfangen. Der Gang der Welt in seiner immerwährenden Bewegung, ein ständiger Versuch, ein ewiges Experiment. Experimentum mundi. Das Experiment an der Welt, in ihr. Oder aber auch das Experiment der Welt. Was ist Welt. Mensch und Welt. Subjekt oder Objekt. Das ist nicht dasselbe. Einfach anfangen und auf das Ergebnis warten. Mit offenem Ausgang. Experimentum mundi. Immer unterstellt, dass das Ganze überhaupt einen Sinn hat. Das allerdings wird sich irgendwann herausstellen, man muss eben einfach nur anfangen, denn angefangen worden sind wir alle schon längst.
Ein Experiment halt.
Mit offenem Ausgang.

 


 

 
"Täglichkeiten"
Hellmut Martensen

Das Buch. Biografisches, Aquarelle, Radierungen

Erschienen bei EDITION SYRINGA
(ISBN 3-00-011736-9)


Preis 10,00 EURO zzgl. Versand


Für Hellmut Martensen


Zwischen Hellmut und mir gibt es eine Reihe von Gemeinsamkeiten: Zunächst das Studium in Berlin, Kunst und Germanistik. Im Grunde genommen wollten wir aber "richtige Künstler" werden. Das war die entschiedene Lebensauffassung von Anfang an. In einer geradezu verwegenen Lust an der Kunst oder was wir damals dafür hielten, waren wir uns unseres Talentes und der daraus ableitbaren Berufung sicher. Und wenn das die Professoren an den Kunsthochschulen, nach denen uns eigentlich der Sinn stand, nicht zu erkennen in der Lage waren, dann hatten wir eben " Genie und kein Kunstdiplom" (Max Ernst). Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Künstlerbiografie so beginnt. Das war greifbarer Trost und ausreichender Grund, der Welt unser Schicksal abzutrotzen - einer Welt, der wir sowieso äußerst kritisch gegenüberstanden.

Wider Erwarten war die Studienzeit kein bloßes Martyrium. Das lag zum einen daran, dass die für uns wichtigsten und anregendsten Dozenten außerordentlichen Wert auf die künstlerische Praxis legten. Sie wurden uns zu Verbündeten und wir hatten gute Karten. Zum anderen haben wir die Dinge nach unserem Sinne eingerichtet. Das heißt, wir haben höllisch aufgepasst, dass sogenannte unumgehbare Pflichten sich in Grenzen hielten und nicht etwa die eigene Freiheit einengten. Wir verschlangen, was die Großstadt bot, ließen uns beeindrucken von Dingen, Leuten, Landschaften, Strukturen..., die Eindruck machten oder außergewöhnlich waren. Wichtig wurde zunehmend ein Qualitätsbewusstsein, eine Mischung aus Zweifel, Wahrheitsfindung, Aufbegehren und der Neigung, eigene Erfindungen zu erproben. Wir arbeiteten wie die Teufel, mit - und gegeneinander.

Die Ausstellungen, die in Berlin und im Lande liefen, die Alten und Neuen Meister in den Museen, Literatur, Theater, die Ausflüge in die Welt, die uns gestattet waren, hinterließen ihre ambivalenten Spuren : zum einen Freude, abgetrotzte Nischen, zum anderen Sehnsuchtsklumpen nach ungehindertem Zugang zur weiten Welt. Dieses tiefsitzende, für uns eindeutig demütigende Gefühl von Provinzialismus beschäftigte uns permanent, erzeugte Ironie, Spott, auch Wut, aber darüber hinaus und aus heutiger Sicht war das Gefühl eigener Wichtigkeit mit dem Drang zur künstlerischen Äußerung ohne Anpassung eindeutig dominant.

Bis zu diesem Punkt sind Hellmut Martensen und ich ein wichtiges Stück Weg gemeinsam gegangen. Wie das so oft ist, haben wir uns eine Zeit lang aus den Augen verloren, aus dem Sinn aber nie. Martensens Arbeitsbezug ging eine enge Verbindung mit seiner mecklenburgischen Heimat ein, insbesondere der Landschaft mit Motiven, die er vor seinem Haus in Neu Lüblow fand. Die Intimität der Haltung Martensens zur Natur liegt daher fernab von Landschaftserlebnissen, wie sie der Urlauber als Klischee für Mecklenburger Landschaft von Reiseprospekten her kennt. Vielleicht führte dieser "Weg in die Stille" bei Martensen dazu, dass sich sein Schaffen auch der Aufmerksamkeit des Publikums entzog und Jahre der Öffentlichkeit verborgen blieb. Als wir dann, Hellmut Martensen und ich, wieder Gelegenheit hatten, uns öfter zu begegnen, nutzten wir die Gelegenheit dazu, an unsere früheren Gespräche anzuknüpfen. Und ich bin mir nicht sicher, ob es der überwältigende Eindruck der bedeutendsten Claude Monet- Retrospektive in London war, dass Hellmut Martensen seine Freude am Expressiven erneut auszudrücken beginnt. Oder ob es unsere vielen Begegnungen der letzten Jahre einen kleinen Anteil daran hatten oder ob es beides war, dass er sich auf seine alten Kräfte besinnt. Auf jeden Fall muss er nun wieder ran, wenn er das schon will. Es wird, wie der Uneingeweihte es kaum ahnt, eine erbärmliche Schinderei bedeuten, aber gepaart mit der Freude am freien Tun. Hellmut Martensen hat seinen künstlerischen Weg erneut begonnen, auch das ist nicht neu für eine künstlerische Vita, und ich freue mich darüber.

Prof. Hartmut Hornung,
Ludwigshof-Braunschweig 2001

 


 

  "VERSUCHE ÜBER GRÜNEWALD "
Hellmut Martensen
Aquarelle, Radierungen, Biografisches,

Erschienen bei "EDITION SYRINGA"
(ISBN 3-00-017685-3)


Preis 10,00 EURO zzgl. Versand


 
Katalog zur Ausstellung in Zislow.
(Verlag: Edition Syringa)

Preis 10,00 EURO zzgl. Versand